Warum diese Folge? Weil es derzeit Verwirrung rund um die Meldung von Google zur “Einstellung personalisierter Werbung und Tracking überhaupt” gibt. Was die auch nie so gesagt haben. Daher sind Artikel wie derjenige der Tagesschau und andere entweder sehr sehr schlau schwammig formuliert. Oder schlichtweg falsch interpretiert. Oder im Text OK, aber werden leider nur als Überschrift gelesen. Ein paar Beispiele:

  • „Wandel im Internet – Keine Tracking-Cookies mehr“
  • „Google verzichtet künftig auf Tracking und personalisierte Werbung“
  • „Google stoppt personalisierte Werbung: Drittanbieter-Tracking wird eingestellt“
  • „Google: Personalisierte Werbung wird 2022 ganz abgeschaltet“
  • …. und vieles im Sinne von „Google braucht keine Cookies wegen Chrome und Android“

OK, am letzten Punkt ist was dran 😉 So oder so ist viel Verwirrung in den letzten Tagen hierum entstanden. Bis hin zu “Google Analytics wird eingestellt”. Was denn jetzt?

News-Thema: Was bedeutet Googles Meldung zur Einstellung der Nutzung von 3rd Party Cookies?

Was steht drin?

„Übersetzung“ der Meldung unter https://blog.google/products/ads-commerce/a-more-privacy-first-web

Werbung ist aus wirtschaftlichen Gründen wichtig. Profile basieren auf 3rd Party Cookies. Jede Menge davon. Aber 72% fühlen sich im Web verfolgt und 81% glauben, das Risiko durch die Datensammelei überwiegt den Nutzen.

Deswegen (ja, genau) arbeitet Google mit anderen zusammen gegen 3rd Party Cookies. Weil die doof sind (Übersetzung: Doof, weil ihnen keiner mehr traut; daher als Identitätsquelle nicht mehr zuverlässig genug).

Rettung bringen Dinge mit freundlichen Namen wie der „Privacy Sandbox„, “privacy-preserving APIs”, “Trust Token” etc., deren Ziel der Erhalt von (Display) Werbung unter Wahrung von Anonymität ist. Irgendwie.

Und nun kommt der Kernsatz: Wenn 3rd Party Cookies weg gehen, wird man keine Alternativen dafür bauen, die der individuellen Identifzierung dienen. Zitat: „Today, we’re making explicit that once third-party cookies are phased out, we will not build alternate identifiers to track individuals as they browse across the web, nor will we use them in our products.“

Nächster Absatz gleich ein Seitenhieb: Andere machen böse Sachen wie Identifizierung anhand von E-Mail-Adressen. Inwiefern wird das bedeuten, dass man auch keinen Kundenabgleich mehr anbietet in Google Ads oder Daten aus dem Google Ads Data Hub nutzt, die genau diesen Zwecken dienen, bleibt hier offen und wird auch unten eher nur wage angedeutet. Oder anders: Man macht zwar schon irgendwie das Gleiche, aber eben anders und zu einem gaaaanz anderen Zweck.

Was als Ersatz dienen soll

Relevante Werbung wird also demnächst durch FLoC statt 3rd Party Cookies stattfinden. Was ein interessantes, aber total irres Modell ist, um zusammen mit TURTLEDOVE demnächst für Werbung zu sorgen. Oder heißt es mit „FLEDGE“ statt „FLoC“ dann TURTLEDOG? Egal. Es geht um Werbung, die darauf basiert, dass man nicht mehr individuell weiß, wer ich bin, sondern nur meine Interessen durch Zugehörigkeit zu Kohorten. Der Unterschied ist je nach Perspektive gigantisch bis vollkommen irrelevant. Aber nicht unser Thema hier und jetzt.

Verantwortung verschoben

Außerdem kommt abschließend nun doch der Twist in Richtung von „ausgebauter Verwendung von First-Party Data“. Hier wird ein „tieferer Support“ versprochen und das alles zielt in Richtung von Anlieferung von Daten durch den Advertiser und andere Partner, die auch ggf. individuellere Bewerbung erlauben oder nicht.

Was nicht da steht

Der Punkt ist: Nirgends steht…

  • dass Google mit dem Tracking aufhören würde
  • dass Google Analytics nicht mehr funktioniert
  • dass personalisierte Werbung in jeder Form wirklich tot ist

dass man nicht dennoch auf bereits bestehenden Alternativen zum 3rd Party Cookie aufsetzt. Nur, dass keine neuen Alternativen zum ausklingenden 3rd Party Cookie gesucht oder genutzt werden. Wir haben den Ads Data Hub, Audiences aus GA, Datenimport, Kundenabgleich, Conversionupload und vieles mehr. Das wird eher nicht verschwinden, sondern nur die Landschaft weiter ausdünnen bzw. die Anforderungen erhöhen, die „erfolgreiche“ Werbung ggf. mit sich bringen wird.

3rd Party Cookies sind technisch also eigentlich alles, worum es hier geht. Die schon lange kaputt sind in den anderen Browsern. Die uns schon jetzt in GA nur an einer Stelle betreffen: Demografische Daten. Sonst eigentlich nix. Identität steht in einem 1st Party Cookie. Schlechtestenfalls kurzlebig wegen ITP, bestenfalls serverseitig verwaltet. Keine Schnittmenge mit dieser Pressemeldung. Gar keine.

Es gibt genug andere Herausforderungen. Aber das hier ist keine für die Webanalyse

Webanalyse „isoliert“ betrachtet hat schon genug Probleme und First Party ist nicht nur ein Cookie-Thema, sondern auch eines für Auslieferung von Datensammlungs-Scripts, Platzierung von Endpunkten. Ebenso wie beim Handling von Identität, Datenfluss, Datenspeicherung und -hoheit. Alles richtig und wichtig. Aber das Sterben von 3rd Party Cookies kann uns jenseits von Advertising ziemlich egal sein. Immer noch. Die anderen Probleme reichen auch vollkommen.

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